Zur Geschichte der Gemeinde
Im 14. Jahrhundert wurde erstmals die Anwesenheit eines Juden in Weilburg erwähnt, danach aber ließen sich einzelne Juden erst wieder im 17. und 18. Jahrhundert in Weilburg nieder: im 17. Jahrhundert nur geduldet als Metzger, Viehhändler und Hausierer, im 18. Jahrhundert mit dem Status von Schutzjuden ausgestattet.
Zur Gründung einer jüdischen Gemeinde kam es erst in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts. Im Jahre 1845 lebten in Weilburg 54 Juden in 10 Familien. In den nachfolgenden Jahrzehnten nahm die Zahl der Juden stetig zu und erreichte im Jahre 1885 mit 220 ihren Höchststand, danach nahm sie bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs ebenso stetig wieder ab.
Bis 1914 hatte die Zahl jüdischer Selbständiger eine beachtliche Größe erreicht. Besonders stark waren diese in der Textilbranche (einschließlich Lederwaren) sowie im Viehhandel (einschließlich Futtermittel) vertreten. Diese Struktur blieb auch nach dem Ersten Weltkrieg in den zwanziger Jahren sowie zu Beginn der dreißiger Jahre weitgehend erhalten.
Das Jahr 1933 wurde zum Wendepunkt im Leben der Weilburger Juden:
Die Lage der jüdischen Geschäfte begann sich ab 1933 zusehends zu verschlechtern, sie wurden in immer stärkerem Maße von den Käufern gemieden, die zahlreichen Boykottaufrufe im Weilburger Tageblatt zeigten Wirkung. Anfang 1938 gab es nur noch 2 jüdische Geschäfte: das Textilgeschäft Arnstein/Wallach und das Schuhgeschäft Falk, die aber ihren Geschäftsbetrieb im Laufe des Jahres 1938 auch einstellten.
Der Schrumpfungsprozess der Gemeinde, der bereits in den zwanziger Jahren festzustellen war, verstärkte sich ab 1933, Tempo und Umfang der Abwanderung aus Weilburg nahmen erheblich zu: Während im Oktober 1932 noch 86 Juden in Weilburg lebten, zählte man Ende 1933 nur noch 59. 1935 lebten in Weilburg nur noch 45 Juden, und 1938 nur noch 18. Ein Teil von ihnen wanderte direkt von Weilburg aus, ein anderer Teil zog in andere Städte (vor allem Frankfurt/Main) und Gemeinden um. Ursache des Umzugs war oft die Aufgabe des Geschäfts.
Von einem Gemeindeleben konnte angesichts dieser Entwicklung schon bald keine Rede mehr sein. Und so löste sich die Gemeinde formell zum 31. Oktober 1938 als Körperschaft des öffentlichen Rechts auf, offensichtlich freiwillig. Bereits im September 1938 war das Synagogengebäude an einen Weilburger Kaufmann verkauft worden, der es zu einem Wohnhaus umbauen ließ.
Das Novemberpogrom 1938 brach am 10. November 1938 über die wenigen noch in Weilburg lebenden Juden herein, die dem organisierten Überfall hilflos ausgeliefert waren. Ein Trupp von 5 – 6 Männern verwüstete Wohnungen und ein Geschäft in den folgenden Häusern: Limburger Straße 35, Bahnhofstraße 5 und 15, Niedergasse 6 und 10. Drei Männer (Max Falk, Jakob Erich Simon und Adolf Wallach) wurden in die Konzentrationslager Buchenwald und Dachau verschleppt.
Im März 1940 verließen die letzten 14 Juden Weilburg und zogen nach Frankfurt am Main um.
Insgesamt 64 Personen gelang die Auswanderung, die meisten wanderten aus nach den USA (25), nach Palästina (13) sowie nach Südamerika (12).
44 jüdische Weilburger wurden jedoch Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung: Sie starben in Ghettos, wurden in Vernichtungslagern ermordet oder kamen auf andere Weise zu Tode.